Was wäre wenn, ...
- Sofie Wirth
- 12. März 2019
- 7 Min. Lesezeit

... es genau anders herum läuft, wie man es sich vorstellt.
Hallo meine Lieben Travel-Buddys,
Etwa ein Jahr ist es her, seit ich mein Australien- Abenteuer angetreten bin.
Das ist doch der passende Zeitpunkt für einen erneuten Reiseantritt #alleJahrewieder #Uni/Arbeitenistanstrengend #diePausenötig.
Das dachten Vanessa und ich nämlich auch, als wir unser Backpack-Abenteuer durch Thailand planten. Leider kann Reisen nicht nur ausschließlich schön sein, sondern kann in wenigen Fällen auch zum Desaster werden. Vanessa ist so etwas Ähnliches passiert. Ich habe sie gebeten, einen Gastbericht zu entwerfen damit ihr eure Vorsicht und den logischen Verstand beim Reisen nicht durch die Utopien der sozialen Medien verliert.
In ihrem Bericht wird sie euch erzählen, was im worst case passieren kann bzw. ihr passiert ist, wie sie damit umgegangen ist und warum unser Thailand-Urlaub dabei auf der Kippe stand. Gönnt euch einen Tee und lest euch ihr kleines Abenteuer durch.
Gastbericht von meiner Freundin Vanessa:
Reisen. Viele träumen davon und viele verwirklichen sich diesen Traum früher oder später auch. In Deutschland ist es nicht besonders ungewöhnlich nach seinem Schulabschluss erstmal die Welt zu entdecken. Die meisten von uns haben sich einen Job gesucht und für ein paar Wochen gearbeitet und schon war das Geld da. Man denkt meistens schon über Jahre verteilt darüber nach, was man alles sehen möchte und wo man hin möchte. Im Großen und Ganzen ist es egal welches Land man sich am Ende als Ziel aussucht, denn die Grunderwartungen sind bei allen die selben. Ich möchte ein neues Land kennen lernen. Den Lifestyle erleben, die Kultur entdecken, neues Essen ausprobieren, die Landschaft bewundern und einfach nur Spaß haben. Endlich entspannen und alle Sorgen verschwinden lassen. Einfach nur im Moment leben und jeden Tag neue Eindrücke gewinnen und Erfahrungen sammeln. Doch manchmal spielt das Leben mit einem und nicht alles wird so wie man sich es vorstellt. Die Leute die man während seiner Reise zurück lässt machen sich Sorgen und warnen einen. "Pass auf dich auf, ich hoffe du kommst gesund zurück". Doch wirklich ernst nimmt man diese Botschaften nicht. Es sind Floskeln. Doch wenn dann wirklich etwas schief läuft, wird das Ganze erst wirklich real.
Ich habe seit einem Jahr geplant ins Ausland zu gehen. Nach meinem Abitur habe ich erstmal ein FSJ in der Flüchtlingshilfe gemacht. Dabei hatte ich schon die Möglichkeit mit den verschiedensten Kulturen in Kontakt zu treten und viel Neues zu lernen. Hauptsächlich wurde ich mit afrikanischer Kultur und Länder aus dem nahen Osten vertraut gemacht. Also dachte ich, kalter Sprung ins Wasser. Asien. Was kann da schon schiefgehen. Unsere Wahl fiel auf Vietnam, Laos und Thailand. Ich persönlich hatte mehr Zeit zum Reisen als meine Freunde, also teilte ich meine Reise. Als erstes fliege ich mit Freundin A Nach Vietnam für 4 ½ Wochen und dann treffe ich mich mit Freundin B in Laos, wo wir ein paar Tage verbringen und dann nach Thailand für die letzten 4 Wochen. Gesagt getan. Nach 5 Monaten arbeiten sollte ich endlich belohnt werden, doch es kam vieles anders. Schon nach einer Woche in Vietnam teilte mir meine Reisepartnerin mit, dass sie zurück nach Deutschland fliegen wird. Mir ließ sie dabei keine große Wahl oder die Möglichkeit zur Mitbestimmung. Ich wurde vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie wird gehen und ich muss über 3 Wochen alleine bleiben in einem fremden Land. Ich hatte mir davor schon oft Gedanken darüber gemacht wie es wäre alleine zu reisen doch sowas braucht Zeit, man muss sich darauf einstellen können und es vor allem selbst entscheiden und nicht dazu gezwungen werden. Ich wurde ins kalte Wasser geworfen. War vollkommen unvorbereitet und definitiv nicht dafür bereit. Ich war am Boden zerstört und die nächsten Wochen wirkten wie ein Weg durch die Hölle, den ich zwar überstehen würde aber definitiv nicht das war, was ich mir vorgestellt hatte.
Doch das war wohl nicht der letzte Schicksalsschlag, den ich ertragen musste. Am letzten Tag den wir zusammen hatten, passierte das, wovor man zwar immer gewarnt wird aber womit man nie rechnet. Ich wurde überfallen. Zwei Männer auf einem Motorrad haben mich ausgeraubt. Es ging so schnell. Dieser Moment, in dem ich sie plötzlich vor mir mit meiner Tasche in der Hand sah, hat sich mittlerweile in meinem Kopf eingebrannt. Es war ein kurzer Moment, der über meine Zukunft entschied. Eine Sekunde, die mich plötzlich daran hinderte mich frei zu bewegen und zu tun was ich möchte. Ich kam in eine Lage, die ich mir nicht erträumt hätte. Ich hatte die Möglichkeit verloren nach Hause zurück zu kehren. Ich war gefangen in Vietnam. Warum, fragt ihr euch? In dem Rucksack war nicht nur Geld, Kreditkarte, mein Handy, meine Kamera sondern auch mein Reisepass. Es dauerte lange bis ich begriffen hatte, in was für einer Situation ich steckte. Mir war geistig klar was passiert ist, aber emotional war es nicht greifbar. Ich konnte es einfach nicht fassen. Mein erster Gedanke war, das kann gerade nicht wirklich passiert sein. Ich träume. Das alles kann nicht wahr sein. Aber jetzt war keine Zeit für Gefühle. Ich musste handeln. Die Motorradfahrer waren weg. Wie auch sollten wir sie einholen. Wir kannten uns in dieser Stadt ja nicht mal wirklich aus geschweige denn konnten wir die Sprache sprechen. Also erster Schritt, zurück ins Hotel und die Polizei informieren. Es war ein emotionales Durcheinander, ich wusste nicht was passieren wird. Ich hatte Angst und vor allem machte ich mir Sorgen um meine Familie. Denn ich wusste sie werden noch viel mehr Angst haben als ich. Ich musste die Situation klären und für Antworten sorgen. Die Frau vom Hotel verständigte die Polizei. Sie führte viele Gespräche. Ich wusste nicht was sie sagte, konnte leider kein Vietnamesisch. Ich merkte schnell, dass ich mich jetzt auf Wildfremde verlassen musste. Die Kontrolle und Macht über eine Situation zu verlieren und von Entscheidungen von Fremden abhängig zu sein, lässt einen machtlos und hilflos fühlen. Die erste Stunde verbrachte ich im Hotel auf und ablaufend. Immer wieder bekam die Frau vom Hotel Anrufe. Sie versuchte mich mit dem bisschen Englisch, das sie konnte auf dem Laufenden zu halten. Ich hoffte auf ein Wunder und dass jemand meinen Pass finden würde. Dann fuhren wir zusammen mit dem Hotelbesitzer zur Polizeiwache. Geschockt von dem Anblick der Polizeistation, fühlte ich mich in der Zeit zurückgeworfen. Niemand konnte Englisch und ich fühlte mich so unwohl wie selten zuvor. Schließlich musste ich auf ein Papier aufschreiben, was passiert war und was mir entwendet wurde. Die Frage, die ich mir immerzu stellte war, wie soll ich nach Hause kommen, wenn sie meinen Pass nicht finden. Mir waren alle meine Wertgegenstände egal, ich wollte nur meinen Reisepass um nachhause zurückzukehren zu können. Doch so einfach sollte es nicht werden. Durch den Hotelbesitzer, der für uns Dolmetscher spielte ( mit gebrochenen Englisch und Google Übersetzer), wurde mir mein nächster Schritt verraten. Ich musste zur deutschen Botschaft. Problem. Die deutsche Botschaft war zu diesem Zeitpunkt 900 km von uns entfernt und im Großen und Ganzen nur durch Fliegen erreichbar. Nächstes Problem. Ohne Reisepass darf ich nicht fliegen. Wie also zur deutschen Botschaft kommen?
Durch ein paar Internetrecherchen und ein paar wage Aussagen bei der Polizei, sollte ich mit einer Kopie meines Reisepasses, die ich zum Glück hatte und dem offiziellen Polizeibericht im Inland fliegen dürfen. Ob das alles wirklich so stimmte, konnte mir niemand sicher garantieren. Aber ein Versuch war es wert. Besser gesagt, mir blieb nichts anderes übrig. Der offizielle Polizeibericht war übrigens das Papier, das ich zuvor selbst auf Englisch geschrieben hatte plus einem Polizeistempel, der das Ganze offiziell machen sollte. Im Hotel angekommen, Flug gebucht für den nächsten Tag und Sachen gepackt. Jetzt hieß es abwarten. Die Ungewissheit, wie es weiter gehen würde und ob ich es überhaupt zur deutschen Botschaft schaffen würde, fraß mich innerlich auf. Ich war auf mich alleine gestellt, niemand in Deutschland konnte mir helfen. Auch die zuständigen Behörden in Deutschland teilten meinem Vater mit, dass sie keinen Einfluss hatten und ich die Sachen alleine in Vietnam klären musste. Bisher war ich nicht komplett alleine zumindest hatte ich noch die eine Freundin bei mir. Doch nicht mehr lange, ihr Flug nach Deutschland würde in weniger als 12 Stunden gehen und dann wäre ich wirklich alleine, was ich mir in dieser Situation nicht vorstellen konnte. Ich bat sie zu bleiben, doch sie flog zurück nach Deutschland und ließ mich im Ungewissen allein. Am Flughafen angekommen musste ich glücklicherweise nur einen Zettel ausfüllen und schon kam ich durch die Sicherheitskontrolle und dann ab ins Flugzeug. Am nächsten Tag ging es ab zur deutschen Botschaft, die mehr an ein verranztes Wartezimmer in einer Arztpraxis erinnerte. Zu meiner Enttäuschung bekam ich dort keinen einzigen Deutschen zu sehen und musste mich weiterhin mit Vietnamesen rumschlagen. Erhalten habe ich dann einen Reiseausweis zur Einreise nach Deutschland. Doch das hat leider nicht ausgereicht um heimzufliegen. Ich musste noch ein Ausreise Visa im Immigration Department beantragen. In der Botschaft wurde mir gesagt, dass sie mir dabei auch nicht weiterhelfen können und das alles Weitere im Ermessen der vietnamesischen Behörden liegt. Diese meinten dann zu mir ich soll in 7 Tagen wieder kommen dann würde ich mein Visa bekommen und dazu musste ich ihnen alle meinen offiziellen Unterlagen geben (auch meinen gerade erhalten Reiseausweis), die sie einfach auf einen Papierstapel zu 1000 anderen Unterlagen legten. Chaos, beschreibt wohl am besten den Zustand des Immigration Department. Jetzt war ich 7 Tage alleine in Hanoi ohne alles. Es hieß Zeit totschlagen und hoffen, dass ich zeitlich alles bekomme. Freitag bekam ich tatsächlich alles und dann machte ich mich so schnell wie möglich auf den Weg zum Flughafen. Doch so einfach war es nicht ins Flugzeug zu kommen. Das Flughafenpersonal war mit meinem Reiseausweis nicht wirklich vertraut und wollten ihn fast nicht anerkennen. Nach mehreren Diskussionen und mehreren Zurückweisungen, ließen sie mich endlich durch. Ich war unter ständiger Anspannung bis ich endlich im Flugzeug nach Hause saß. Nach ca 28 h auf den Beinen, konnte ich endlich deutschen Boden beteten. Jetzt gab es nur noch eine Frage, die ich mir schon die ganze Zeit gestellt hatte. Traute ich mich nochmal nach Thailand nach so einem Erlebnis oder blieb ich zu Hause in meinem sicheren Hafen.
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So das war es mal von ihrer Seite aus. Es bleibt nur noch eine Frage offen: Sind wir jetzt in Thailand oder sind wir es nicht?
Ja wir sind es! Obwohl zwischenzeitlich eigentlich schon klar gewesen war, dass wir uns Thailand abschminken hätten müssen. Alleine schon weil Vanessa ihren Reisepass nicht mehr hatte und nicht klar war, wie lange ein neuer brauchen würde. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt und siehe da, es hat geklappt! Momentan cruisen wir durch den Norden und genießen die idyllische Landschaft in Pai. Der nächste Stop wird Bangkok sein. Die genaue Reiseroute beschreibe ich vermutlich im nächsten Blogeintrag, mit Tipps und Empfehlungen unsererseits.
Also macht's gut, ich hoffe ihr habt auch ein paar entspannende Tage vor euch, genießt eure Kurztrips oder zumindest euer alltägliches Ein und Aus.
Eure Sofie
PS: Ich bin froh wieder hier zu sein.
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